• 23.12.2022 12:08

  • von Roland Hildebrandt

Dacia-Chef Denis Le Vot im Interview zur Zukunft der Marke

Derzeit befindet sich Dacia im Aufwind - Markenchef Denis Le Vot sprach mit Motor1.com Deutschland über neue Modelle, Euro 7, Sicherheit und Preise

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Es läuft aktuell glänzend für Dacia. Allein im November 2022 hat die Marke in Deutschland knapp 7.000 Fahrzeuge neu zugelassen und liegt mit 2,7 Prozent Marktanteil nur knapp hinter Renault. Hinzu kommt ein neues Logo innen wie außen, was Sandero und Co. optisch aufwertet. Dementsprechend gelöst präsentiert sich CEO Denis Le Vot im Gespräch mit Motor1 Deutschland.

Titel-Bild zur News:

Dacia-CEO Denis Le Vot am Bigster Concept (2021) Zoom

Wie sieht die nähere Zukunft für die Marke aus? Fest steht: Billig war gestern, aber man möchte weiterhin der wahre Volks-Wagen sein. Doch die Herausforderungen werden nicht einfacher. Hier schärfere Anforderungen bei der Sicherheit, dort die künftige Euro-7-Abgasnorm am Horizont.

Offiziell heißt es dazu: "Nach Einführung des Jogger werden der Dacia Bigster und zwei weitere Fahrzeuge folgen. Parallel dazu wird Dacia die Kosten weiter senken und von der Verdoppelung des Volumens der globalen CMF-B-Plattform über alle Marken hinweg profitieren, die bis 2030 zwei Millionen Einheiten erreichen wird."

Zudem entwickele man "bahnbrechende Antriebsstränge", die an alternative und synthetische Kraftstoffe angepasst sind. Dacia werde weiterhin durch die Entwicklung von erschwinglichen EV-Lösungen einen reibungslosen Übergang zur Elektromobilität in Europa ermöglichen.


Fotostrecke: Dacia-Modelle und -Konzepte 2023

Mehr Modelle und mehr Verkäufe also, gleichzeitig Senkung der Kosten, um günstig zu bleiben und wohl auch Mehrkosten bei Sicherheit und Emissionen abfedern zu können. So kommt im Frühjahr 2023 der Dacia Jogger mit Hybrid. Die Technik übernimmt er in weiten Teilen von Renault, zudem wird er der erste Jogger mit Automatik sein. 2024 folgt ein neuer Duster, 2025 mit dem 4,60 Meter langen Bigster (den Namen bestätigt Le Vot, auf dem Aufmacherbild sehen Sie ihn an der Studie von 2021) ein größeres SUV im C-Segment.

Genau rechtzeitig, um beide Modelle noch vor der aufwendigen Euro-7-Norm zu homologieren. Laut Le Vot bleibt der Sandero bis etwa 2028/29 im Programm. Natürlich mit stetigen Optimierungen, einen möglichen Nachfolger erwarten wir dann elektrisch. Eine clevere Lösung: Ein komplett neuer Verbrenner-Sandero würde sich mit Euro 7 verteuern, was gerade bei den scharf kalkulierten Dacia-Preisen ins Kontor schlüge. Und bis Ende des Jahrzehnts dürfte eine Elektro-Plattform günstig genug geworden sein.

Le Vot spricht es deutlich aus: "Euro 7 wird uns allen auferlegt. Ist das eine gute Sache? Ich glaube nicht, denn es gibt andere Möglichkeiten, CO2 einzusparen. Schon heute erreichen wir einen sehr guten CO2-Wert von 115 Gramm beim Jogger mit LPG-Antrieb.

Sie werden sehen, dass wir Schritt für Schritt elektrifizieren werden, wenn es notwendig wird, aber nicht vorher. Ich denke, dass sich mehr oder weniger alle einig sind, dass um 2030 die Hälfte des europäischen Marktes elektrisch sein wird. Die Elektrifizierung wird mit einer gewissen Geschwindigkeit kommen, aber niemand von uns weiß das genau."

Dacia Duster (2022)

Dacia Duster (2022) Zoom

Zu Recht merkt Le Vot an, dass nicht jeder Kunde in Europa gleichen Zugang zu Ladestationen hat. Einen homogenen Markt gibt es also nicht, zumal nicht jeder 40.000 Euro für ein neues Auto zur Verfügung hat. Gewiss seien die Zeiten eines neuen Dacia für unter 10.000 Euro vorbei, aber die Basisversion "Access" hatte beim Sandero auch lediglich 0,9 Prozent Anteil an den Sandero-Verkäufen in Deutschland:

"Zu den Preisen, die wir anbieten, kann man sich problemlos für alle Extras entscheiden. Im Ausstattungsmix, den wir verkaufen, machen die Topausstattungen 65 Prozent aus, beim Jogger sogar 70 Prozent.", so Le Vot. (Aktuell beginnt der Sandero hierzulande übrigens als "Essential" mit 65-PS-Saugbenziner bei 10.750 Euro.)

Wird der Erfolg von Dacia langfristig zur Gefahr für Renault? Überhaupt nicht, meint Le Vot: "Wir von Dacia haben einen sehr hohen Anteil an Eroberungskunden. 60 % der Dacia-Kunden kommen von außerhalb des Renault-Konzerns. Es sind also nur 40 % innerhalb des Konzerns. Später kaufen 75 Prozent der Dacia-Kunden ein neues Auto aus dem Konzern.

Deshalb ist unsere Treuequote eine der höchsten in der Branche. Mehr als 60 % unserer Kunden kaufen wieder einen Dacia. Das ist eine der höchsten Quoten, wenn nicht sogar die höchste in der gesamten Branche, wenn es um Mainstream-Marken geht."

Dacia Duster (2023)

Dacia Duster (2023) Zoom

Außerdem gibt es praktisch keine Rabatte bei Dacia, was die Gebrauchtwagen-Preise stabil hält. Als weiteren Pluspunkt verkauft Dacia seine Autos mehrheitlich an Privatkunden. So ist man nicht abhängig von Flottenkunden und dortigen wirtschaftlich bedingten Problemen. "Würden wir das ändern, bräuchten wir viel mehr Volumen", so Le Vot. Und weiter: "Wir sind sehr profitabel und haben einen Betriebsgewinn von 10 % erzielt. Und wir werden ihn auf 15 % steigern."

Mit dem kleinen Dacia Spring, dem ersten Elektroauto der Marke, ist Le Vot sehr zufrieden, was den Absatz betrifft: "Aktuell haben wir seit der Markteinführung 100.000 Bestellungen für den Spring erhalten. Der Spring ist für viele Menschen ein sehr interessantes Angebot im A-Segment." Der Spring bleibt noch einige Jahre im Programm, in eine Weiterentwicklung werde bereits investiert.

Bildunterschrift

Zoom

Machen Sie sich keine Sorgen, dass neue Dacia-Modelle nur maximal drei Sterne bei EuroNCAP bekommen, Monsieur Le Vot? "Wir definieren das Wesentliche, und das ist keine leichte Aufgabe." Bei einem Crash als solchen sei man natürlich auch in einem Dacia gut geschützt. Es sind die fehlenden Assistenzsysteme, die mehr Sterne verhindern. Aber Le Vot fragt mich entwaffnend: "Benutzen Sie den Spurhalteassistenten in Ihrem persönlichen Auto?" Was er damit sagen will: Warum viele Systeme teuer einbauen, wenn die Kunden diese nicht wollen oder nicht benutzen?

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Eine gesunde Einstellung, wie wir finden. Dacia macht das, was die Kunden wollen. Und denen reicht ein Totwinkelwarner. In der Nische des absoluten Billiganbieters ist die Marke nicht mehr. Ganz im Gegenteil wird der Raum für Dacia immer größer, auch weil weite Teile der Konkurrenz preiswerte Autos aus dem Blick verloren haben. Ob ein siebensitziger Kombi wie der Jogger oder in Zukunft ein bezahlbares C-SUV oder ein leichtes, kleines Elektroauto wie der Spring: Volksnähe zahlt sich aus.

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