"Rad bei beiden Autos lose": Was zu den Boxenstopp-Dramen bei SSR führte

SSR-Teamchef Mario Schuhbauer erklärt, was bei den Boxenstopps in Oschersleben schiefging: Waren die Radmuttern bei den Lamborghinis nicht fest genug angezogen?

(Motorsport-Total.com) - Was war der Grund für die Boxenstopp-Dramen beim Lamborghini-Topteam SSR Performance, die beide Piloten beim DTM-Sonntagsrennen in Oschersleben wichtige Punkte kostete? Zuerst musste Nicki Thiim auf Platz fünf aufgeben, weil die Mechaniker das linke Hinterrad nicht vom Fahrzeug bekamen. Später wiederholte sich das Drama beim Führenden Mirko Bortolotti, als ebenfalls das links Hinterrad klemmte. Stoppzeit: 33 Sekunden! Er wurde nur 15.

Titel-Bild zur News: Mirko Bortolotti

Die Boxenstopps kosteten SSR Performance in Oschersleben das Rennen Zoom

"Wir hatten diesen Fehler tatsächlich noch nie zuvor", sagt Teamchef Mario Schuhbauer im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Das Rad hinten war bei beiden Fahrzeugen lose. Da hat sich die Radmutter an den Safety-Pins verkantet, und wir haben das Rad nicht runterbekommen. Wir konnten die Radmutter nicht öffnen."

Das Team aus München analysiere nun genau, "was der Grund war. Das heißt: Wir schauen uns die Details genau an, damit das nie wieder passiert", verspricht Schuhbauer. Den genauen Grund für das Malheur kenne man zwar noch nicht, man habe aber "ein paar Tendenzen".

Team schließt Schlagschrauber als Problemquelle aus

Fakt sei, dass das Team am gesamten Ablauf und Material nichts umgestellt habe, meint der SSR-Teamchef: Die Schlagschrauber seien jene, die man immer verwendet. Und auch an der Felge und der Mutter, die bei den GT3-Autos homologiert sind, habe sich im Vergleich zu vorangegangenen Einsätzen nichts geändert.

Der Schlagschrauber, der bei Thiims Stopp zum Einsatz kam, wurde während des Bortolotti-Stopps getauscht, als es erneut Probleme gab. "Er hatte aber nichts damit zu tun", ist Schuhbauer überzeugt. "Wir haben ihn gewechselt, denn du versuchst, jede Eventualität auszuschließen. Unsere Mechaniker sind da sehr weitsichtig." Auch von einem menschlichen Versagen ist nicht auszugehen.


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Es gibt aber eine mögliche Erklärung für die verzweifelten Szenen beim perfektionistischen SSR-Team: Denn im DTM-Fahrerlager ist es laut Informationen von Motorsport-Total.com nicht unüblich, dass Teams die Radmuttern vor dem Rennen nicht ganz anziehen.

Radmuttern nicht stark genug angezogen?

Wenn man die Radmutter mit weniger Drehmoment anschraubt, muss der Schlagschrauber beim Stopp weniger lang eingesetzt werden, bevor sich die Mutter dreht. Dadurch ist es möglich, bei den Performance-Boxenstopps Zehntel- oder Hundertstelsekunden zu gewinnen.

Wenn sich eine zu lose angezogene Radmutter löst, entsteht am Rad ein Spiel. Das hat zur Folge, dass die Mutter mit den zwei Sicherungszäpfchen (auch Safety-Pins) verkantet, was bei SSR bei beiden Fahrzeugen beim linken Hinterrad passiert ist. Das Zäpfchen ist Teil eines Sicherungssystems, das verhindern soll, dass sich die Mutter komplett von der Radnabe löst und ein Fahrzeug ein Rad verliert.

Audi

Die beweglichen Sicherungszäpfchen (rot) verkanteten mit der Mutter (links daneben) Zoom

Im TV-Bild war bei Thiims Stopp zu sehen, dass es dem Mechaniker nicht gelang, mit dem Schlagschrauber die mit den Zäpfchen verkantete Radmutter aufzuschrauben. Daher schraubte er sie zunächst fester an, um diese von den zwei Sicherungszäpfchen zu lösen. Als das ebenfalls scheiterte, hämmerten er verzweifelt mit dem Schlagschrauber auf die Zäpfchen, die normalerweise über einen vom Schlagschrauber ausgelösten Mechanismus in der Radnabe verschwinden und den Reifenwechsel ermöglichen.

Bei beiden Stopps klemmte das linke Hinterrad

"Du kannst mit dem Schlagschrauber nichts mehr machen und brauchst dann wirklich Werkzeug", erklärt Schuhbauer, dass der Mechaniker über den normalen Weg keine Chance hatte, die verkantete Mutter zu öffnen.

Audi

Querschnitt des Radträgers: Radnabe, Radmutter und Sicherungssystem Zoom

Die Tatsache, dass beide SSR-Piloten vor dem Stopp unter Druck ihrer Verfolger waren, würde ebenfalls zur Theorie passen. Denn wenn ein Rad lose ist, wirkt sich das auch negativ auf das Fahrverhalten aus. Und auch, dass sowohl bei Thiim als auch bei Bortolotti das linke Hinterrad beim Stopp klemmte, würde ins Bild passen: Denn das wird in den vielen langgezogenen Rechtskurven in Oschersleben am meisten belastet.

Das Team hält sich diesbezüglich aber bedeckt, wodurch es für die Theorie keinen Beleg gibt. Auf die Frage von Motorsport-Total.com, ob SSR Performance ausschließen könne, dass die Radmuttern vor dem Rennen mit zu wenig Drehmoment angezogen wurden, antwortet Teamchef Schuhbauer: "Aktuell nehmen wir diesbezüglich noch keine Stellung."

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